Persone

Was bitte ist BIM?

15 Oktober 2020

Building Information Modeling – kurz BIM. Die wenigsten können sich darunter etwas vorstellen. Wir haben mit einem jungen Mann gesprochen, der sich seit drei Jahren in Theorie und Praxis mit diesem Thema auseinandersetzt.

Martin Martinelli ist BIM-Koordinator bei Mader in Sterzing. Was bitte ist BIM? Auf diese Frage antwortet Martin so: „BIM steht für Building Information Modeling – Building für Bau, Information für Information und Modeling für Zeichnen. Ganz vereinfacht dargestellt: es geht um eine 3D-Zeichnung mit ganz vielen Informationen. Ich habe zum Beispiel eine Zeichnung von einem 3D-Würfel, von dem ich schon mehr oder weniger alles weiß: Gewicht, Farbe, Material, Fläche, Volumen… Ich muss nur auf die Bauteilemeines IFC-Modells klicken und schon habe ich alle Informationen.“ Zur Erklärung: IFC (Industry Foundation Classes) ist ein weltweiter Standard für Datenaustausch in der Bauindustrie.

 

So sieht eine IFC-Zeichnung, die verschiedenste Informationen enthält, aus.

Wenn schon 3D, dann BIM

 

 

Die Begeisterung für seinen Job steht Martin Martinelli ins Gesicht geschrieben.

Wenn Martin erzählt, dann merkt man, wie begeistert er von seinem Job ist. Eigentlich ist er gelernter Maschinenbaumechaniker, hat die entsprechende Ausbildung an der Landesberufsschule Tschuggmall in Brixen absolviert, dann 8 Jahre in der Automatisierungstechnik gearbeitet. 2017 kam er dann zu Mader: „Als technischer Zeichner. Da hab ich mich umgeschaut, welche Möglichkeiten es gibt, 3D-Zeichnungen zu machen. Und so bin ich auf BIM gestoßen. Wenn schon 3D, dann BIM, hab ich gesagt. Mein Arbeitgeber hat dies unterstützt, denn es braucht schon große Investitionen, um BIM 360°effizient zu nutzen.“ Mit viel Wissenshunger und Begeisterung hat Martin gemeinsam mit seinem Team dann alles auf die Beine gestellt.

BIM-Fachausbildung in Deutschland

Im Oktober beginnt er nun in Deutschland an der VDI eine spezifische Ausbildung zum Fachexperte BIM. Bewusst hat er sich dabei z.B. für das Modul Konfliktmanagement entschieden: „Denn die größte Hürde ist die Umsetzung der Prozesse.“

Kunde muss wissen, was er will

Den größten Unterschied im Vergleich zur herkömmlichen Vorgangsweise beim Bauen sieht Martin darin, dass der Kunde genau wissen muss, was er will. „Der Idealfall bei BIM ist, dass der Zwilling des digitalen Modells gebaut wird. Vor Baubeginn habe ich somit schon mein fertiges Gebäude. Änderungen auf der Baustelle sind dadurch schwierig, bzw. kostenintensiv für den Kunden, denn das bedeutet, dass ich das digitale Modell ändern muss.“

Alle auf neuestem Stand

Der größte Vorteil hingegen liegt darin, dass jeder am Bau Beteiligte – also gewerksübergreifend – immer auf dem neuesten Stand ist. „Vom Architekten bis hin zum Tischler wissen alle, was zu tun ist. Ich habe einen großen Aufwand, weil ich alle Informationen eingeben muss, für die anderen ist es aber eine enorme Erleichterung. Die Materialliste kann z.B. direkt zugespielt werden. Die genaue Menge wird von der Einkaufabteilung bestellt und direkt zur Baustelle geliefert. Somit muss im Idealfall nichts wieder zurückgeliefert werden. Das spart Zeit und Kosten. Außerdem ist es möglich, Teile bereits in der Firma vorzubereiten und nicht auf der Baustelle. Der Laser gibt z.B. die Punkte der Rohrbefestigungen für die Montage vor, ich muss nicht mehr ausmessen.“

BIM: Richtige Klassifizierung ist das Um- und Auf

Damit dies alles einwandfrei funktioniert, müssen aber einige Bedingungen erfüllt sein: die Klassifizierung der Bauteile, also deren Benennung –Tür heißt z.B. „IFCDoor“, muss mit der Software kompatibel sein. „Sonst erkennt diese nicht, dass der Architekt eine Tür meint. Es braucht also eine klare Koordinierung und Absprache aller Beteiligten.“ Datenmengen können durch LOD (Level of Development) reduziert werden, d.h. der Grad der Fertigstellung eines Modells kann an das Informationsbedürfnis angepasst werden. „Für uns Hydrauliker reicht es z.B. aus zu wissen, wo sich eine Tür befindet und wohin diese sich öffnet. Der Tischler hingegen muss auch wissen, ob diese Innentür aus Glas besteht, wer der Hersteller der Scharniere und Türklinke ist usw..“

 

Gemeinsames Projekt mit Freier Universität Bozen

Im Rahmen eines gemeinsamen Projektes mit der Freien Universität Bozen und der Trimble Inc., für das auch ein Beitrag im Rahmen des LG14 für eine Machbarkeitsstudie vergeben wurde, wird derzeit auf einer kleinen Baustelle für ein Mehrfamilienhaus in der Nähe des Firmensitzes in Sterzing ausprobiert, wo die Chancen, aber auch Grenzen, von BIM liegen. „Wir testen hier ganz viel, auch verschiedene Geräte – Laser, augmented reality (AR), Scanner – deren Anschaffung ja enorm teuer ist. So sehen wir, was macht für uns Sinn. Bis wohin ist die Technologie überhaupt derzeit sinnvoll?“

Enormes Potenzial, aber auch Datenschutzfrage

Martin ist vom enormen Potenzial vom BIM überzeugt: „Das endet ja nicht mit der Fertigstellung des Bauwerks, sondern öffnet auch für das Facility-Management enorme Möglichkeiten.“ Er gibt aber auch zu bedenken, dass Datenschutz-Probleme damit verbunden sind. „Jeder der Zugriff auf meine Daten hat, weiß alles über mein Haus. Wie wollen wir damit umgehen?“

2023 wird BIM Pflicht bei öffentlichen Ausschreibungen mit Kosten ab 1 Mio.€. „Ich bin startklar“, lacht Martin.

Und so sieht BIM in der Praxis bzw. auf der Baustelle aus: